von Kronenburg nach Prüm (25.06.2020)

wenn du meinst, es geht nicht mehr....

Man beachte das weiße Schild mit roter Aufschrift über meinem Kopf. So Schilder gibt es auch noch in gelb mit schwarzer Schrift.

 

Merkt Euch, Ihr lieben Wanderer: Die gelben sind für Autos gedacht. Diese weißen hier sind für Fahrräder. Traut niemals einem solchen Schild, wenn ihr nicht ein Fahrrad oder ein Auto unterm Hintern habt.

Die nackte Wahrheit sieht so aus!

 

Aber, der Reihe nach...

Nachdem ich am Mittwoch noch dafür gesorgt hatte, dass ich zumindest eine behelfsmässige Kopfbedeckung mein Eigen nennen kann, ich wunderbar ausgeschlafen wachgeworden bin und ich bedingt durch die Absage von zwei Nächten in einem niedlichen Hotel in Kronenburg in meiner Welt massig Geld gespart hatte, sah der Plan für heute so aus, dass ich mich ohne zeitlichen Stress geemütlich wie immer, gegen 11:00 Uhr auf den Weg machen wollte, um dann irgendwann in Prüm anzukommen, dort noch einen Happen zu Abend zu essen um dann mit dem Taxi zurück nach Kronenburg zu fahren.

 

Wie bereits erwähnt, bin ich wohl einfach zu unsportlich um 25 km erst zu wandern und dann nochmal mit einem normalen Fahrrad in den Eifelbergen zurückzulegen.

 

 

Ich machte mich also guten Mutes auf die erste Wegstrecke nach Ormont. Der Weg führte durch ein wunderschönes Waldstück mit mal im Schatten liegenden Wegstücken und mal sonnenbeschienenen Abschnitten, und schon bald war ich froh mein selbstgebasteltes Hütchen dabei zu haben.

Nachdem ich die Grenze zwischen Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz überschritten hatte befand ich mich dann im richtigen Wald, der den Vorteil hatte, dass es hier vorwiegend schattig war.

Den geschätzten Besucher meiner Seite mögen die vielen Landschaftsbilder vielleicht anfangen zu langweilen. Ich hingegen empfinde sie als Erinnerung wunderschöner und strahlender Natur, an der ich mich nicht satt sehen kann

Ormont.

Der französische Name bedeutet wörtlich "Goldberg".

 

Der Goldberg ist ein Vulkan. Er besteht aus Tuff, in dem sich auch Pyrit befindet. Pyrit heisst im Volksmund Katzen- oder Narrengold, weil es in der Sonne wie Gold glänzt.

 

Leider habe ich keine Bilder von den Wegen gemacht. Ich habe wirklich am Anfang gedacht, es  wäre Gold. Naja, ganz so war es nicht, aber es sah wunderschön aus.

Von Ormont bis Bleialf erstreckt sich die Schneifel. Sie ist ein langgezogener Bergrücken der am "schwarzen Mann" mit einer Höhe von 697 Meter ü.NN seine dritthöchste Erhebung der Eifel darstellt. Und ich bin hinüber gewandert.

Millionen Kilometer später, nach Pausen mitten im Wald, wo sich zwar keine Rastbänke mehr fanden, dafür aber um so schönere Natur, sollte ich mich so langsam meinem zweiten Ziel nähern

Gondenbrett hiess der Ort meiner Träume. Gondenbrett am Fusse der Kalvarienberge. Bedeutete: all die Höhenmeter, die ich zum "schwarzen Mann" hinauf gewandert war, musste ich nun auch wieder hinunter.

Sie war hässlich diese Kirche, aber direkt neben ihr befand sich eine Öffentliche Toilette. Der Weg bis zu ihr hinunter führte steil bergab und dann noch ein paar Meter wieder nach oben. Es war mittlerweile fast 18:00 Uhr als ich ankam. Meine Knie schmerzten bei jedem Schritt den ich tat. Ich versuchte rückwärts nach unten zu gehen, so weh tat mir jeder Meter.

 

Die wenigen Bewegungen bergauf zur Kirche und zur Toilette waren fast eine Wohltat. Der Plan sah wie folgt aus: Bevor ich endgültig zusammenbrach, wollte ich es noch schaffen in die Kirche zu kommen, meinen Pilgerausweis zu stempeln, ein Kerzchen anzuzünden, auf die Toilette zu gehen (zumindest wollte ich einmal reinschauen um dann zu entscheiden, will ich oder will ich nicht), um dann auf der wunderschönen Bank vor der Kirche eine letzte Pause einzulegen.

 

Die Kirche war hässlich, dafür der Stempel um so schöner und das Klo kostete 50 Cent Eintritt und mittlerweile drängte es mich doch sehr hinter diese verschlossene Tür zu gelangen. Ich hatte einen Euro der Kerze in der Kirche gewidmet und den anderen Euro den ich noch als Kleingeld dabei hatte, wollte ich großzügig der Toilette schenken. Tja, die nahm aber nur 10er, 20er und 50er Cent. Nun stand ich da relativ hilflos und in immer grösser werdenden Not. Keine Menschenseele auf der Strasse und hinter den Fenstern der Häuser war auch nicht viel Leben zu entdecken. Trotzdem klingelte ich an zwei Häusern, aber es machte niemand auf. Als ich buchstäblich dachte, das kann ja nur noch in die Hose gehen, bog ein Auto um die Kurve. Ich hechtet zur Fahrbahn und bat den Wagen zu stoppen. Er hielt! Drinnen saß ein nettes Ehepaar, welches mir nach Erklärung meiner Situation die 50 Cent schenken wollte, dabei wollte ich doch nur den Euro gewechselt haben. Schließlich schnekte ich dem Paar den Euro und freute mich über meine 50 Cent.

 

Als ich endlich die Örtlichkeit betrat ergriff mich eine solche Glückseligkeit, wie ich sie lange nicht mehr empfunden habe: Schatten, Sauberkeit, Seife, Toilettenpapier, kaltes Wasser am Handwaschbecken und eine sauber gewienerte Toilettenschüssel. Manchmal sind es eben wirklich die Kleinigkeiten die einen richtig glücklich machen und die man leider viel zu oft vergisst.

Egal was der Wandersfachmann darüber erzählt, dass man sich nur ja nicht die Schuhe ausziehen soll, bevor man am Ziel angekommen ist, es ging nicht anders. Ich zog Schuhe und Strümpfe aus, dankte dem lieben Gott, für diese wunderschöne Bank imSchatten seiner Kirche, sah das gelbe Verkehrsschild mit der Kilometerangabe nach Prüm und machte mich mit dem Gedanken der Aufgabe bekannt.

 

Die ganze Zeit spukte dieser eine Satz aus dem Pilgerführer in meinem Kopf: Schwierigkeitsgrad zu Fuß: mittel, relativ steiler Aufstieg zum Kalvarienberg bei Prüm

 

Es war nach 18:00 Uhr, mir tat alles weh und ich sollte noch vier Kilometer steil aufsteigen!? Nein, das konnte ich nicht, das wollte ich nicht, das schaffte ich einfach nicht.

 

Eine Kirche vorher hatte ich den lieben Gott darum gebeten, mir die Kraft, den Mut und den Willen zu schenken es zu schaffen in Santiago anzukommen. Ich konnte nicht aufgeben.

Ich hätte mich knieen sollen, damit man die Steigung ansatzweise erkennt. Aber hätte ich mich gekniet, ich kniete wahrscheinlich jetzt noch

Kurz kreuzte der Pfad die Autostraße die nach Prüm hhinaufführte und ich dachte ich hätte es geschafft, als es auch schon wieder unter Beachtung dieses Hinweisschildes in den Wald und die Steigung führte

Endlich erreichte ich den Gipfel mit dem Basaltkreuz und der ehemaligen kleine Kapelle wovon nur noch eine Ruine übriggeblieben ist.

Dann endlich der erste Blick Prüm und seine Basilika. Ich war überwältigt wie sie da in der untergehenden Sonne über Prüm thronte.

Gleichzeitig erschrak ich aber auch über diese für mich unendliche Entfernung in der ich sie ausmachte.

Schrittchen für Schrittchen kamen wir beide uns näher. Und selbst als ich die Klinke zum verschlossenen Hauptportal niederdrückte war ich unendlich dankbar nicht aufgegeben zu haben und diesen Anblick erleben zu dürfen.

 

Ich hatte Hunger, Bärenhunger. Ich wollte Nudeln mit Fleischsosse. Und ich bekam Nudeln, Bier und ein Taxi.....

.... zurück nach Kronenburg, wo ich in meinem kleinen gemütlichen Wohnmobil Wunden leckte und fast auf der Stelle einschlief